Aufwendungen für eine Berufsausbildung sind ohne den vorherigen Abschluss einer Erstausbildung nicht als Werbungskosten abzugsfähig, auch wenn der Steuerpflichtige zuvor langjährig Einkünfte aus einer gewerblichen Tätigkeit erzielt hat.
Praxis-Beispiel:
Der Kläger absolvierte in den Jahren 2001 bis 2003 ein Praktikum, das 20 Monate dauerte. Die Firma stellte ihm nach Ende des Praktikums ein Arbeitszeugnis aus, nach welchem er im Rahmen dieses Praktikums das Berufsfeld der Veranstaltungstechnik und des -managements kennengelernt habe. Der Kläger nutzte im Anschluss an das Praktikum die erworbenen Kenntnisse, um ein eigenes Gewerbe im Bereich der Veranstaltungs- und Showtechnik zu betreiben. Bereits im Februar 2005 hatte der Kläger eine Privatpilotenlizenz für einmotorige Flugzeuge nach Sichtflugregeln erworben. Im Jahr 2011 erlangte er die Nachtflugberechtigung. Im September 2016 begann er dann auf der Grundlage eines Ausbildungsvertrags bei einer Flugschule mit einer Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer, die er im Jahr 2017 erfolgreich abschloss. Im Anschluss war er bei verschiedenen Airlines als Verkehrspilot angestellt.
Er machte die Aufwendungen von 8.789,87 € (2016) bzw. 21.310,63 € (2017) als Werbungskosten geltend. Das Finanzamt lehnte den Werbungskostenabzug ab und ließ nur den deutlich geringeren Sonderausgabenanzug zu.
Die Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer ist eine Berufsausbildung. Unter Berufsausbildung ist die Ausbildung zu einem künftigen Beruf zu verstehen. In Berufsausbildung befindet sich, wer sein Berufsziel noch nicht erreicht hat, sich aber ernstlich darauf vorbereitet. Der Vorbereitung auf ein Berufsziel dienen alle Maßnahmen, bei denen es sich um den Erwerb von Kenntnissen, Fähigkeiten und Erfahrungen handelt, die als Grundlage für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind.
Steuerrechtlich kommt es für den Begriff der Berufsausbildung nicht darauf an, ob diese als berufliche Umschulung (unter Umständen nach einer langjährigen gewerblichen Tätigkeit) einzuordnen ist. Entgegen der Auffassung des Klägers ist es daher unerheblich, dass er zuvor ein 20 Monate dauerndes Praktikum absolviert und infolge der dabei erworbenen Kenntnisse ein entsprechendes Gewerbe langjährig betrieben hat.
Fazit: Der Kläger hat vor Beginn seiner Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer keine erstmalige Berufsausbildung abgeschlossen. Somit hat das Finanzgericht zu Recht entschieden, dass das von dem Kläger in den Jahren 2001 bis 2003 absolvierte Praktikum den gesetzlichen Anforderungen an eine Erstausbildung nicht entspricht. Der Kläger hat mit dem Praktikum keine geordnete Ausbildung durchlaufen, noch hat er eine Abschlussprüfung absolviert. Die Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer ist somit eine Berufsausbildung, sodass in diesem Fall nur der Sonderausgabenabzug in Betracht kommt.